Reinventing Kitas, Martina Schaab Köln/Bonn
 

„Reinventing organizations“ auch in Kitas?

24. Oktober 2016

Mit „Reinventing organizations“ inspiriert Frédéric Laloux zum Nach- und Umdenken. Könnte eine solche neue Organisationsform nicht auch in Kindertagsstätten oder anderen sozialen Einrichtungen Fuß fassen? Diese Idee fasziniert mich und lässt mich nicht mehr los! 

Es braucht noch etwas Zeit, ein solches innovatives Projekt auf die Beine zu stellen, in dem Organisationsstrukturen, geprägt durch Achtsamkeit, Wertschätzung, Ganzheit, Selbstführung und Sinnerfüllung ihre Umsetzung finden.

Synergien im Kleinen bewegen Großes

Das Vertrauen gehört den Teams, ihrem inne wohnenden Wissen, ihren Potenzialen und Ressourcen. Über Mechanismen wie Selbstregulation, Partizipation und Selbstwirksamkeit erreichen Gruppierungen in der Stärke bis zu höchstens 12 Team-Mitgliedern einen hohen Grad an Identifikation, an Freude, Selbstbestimmtheit und auch Effizienz bzw. Zielerreichung beruflicher Wertvorstellungen. Selbstfürsorge und eine respektvolle Kommunikationskultur treten hierbei genauso in den Vordergrund, wie auch der authentische und zugewandte Kunden-, Klienten- bzw. Patientenkontakt. Entsprechend entfalten sich Synergien im Kleinen und bewegen Großes, so zeigt es Frédéric Laloux an  konkret existierenden Vorbildern auf, wie zum Beispiel an einem großen Unternehmen in den Niederlanden („Buurtzorg“), das mit Hilfe dieser neuen Organisationsform 9000 MitarbeiterInnen koordiniert. Das Faszinierende an dieser innovativen – „evolutionär-integralen“ –  Unternehmens“fühung“ ist es, dass ca. 10 Projekte in unterschiedlichen Nationen an unterschiedlichen Orten zu ähnlich vergleichbaren Wirkfaktoren gefunden haben und in derselben Weise positiv funktionieren und hohe Arbeitszufriedenheit ermöglichen konnten, u.a. in den Kliniken Heiligenfeld / Deutschland.

Kooperatives Miteinander in wechselseitiger Bedingtheit

„Reinventing Organizations“ darf nun nicht mit Konzeptlosigkeit oder fehlenden Strukturen im Sinne von Anarchie und Chaos verwechselt werden. Im Gegenteil – Frédéric Laloux zieht natürliche Organismen im Rahmen ihrer Gesetzmäßigkeiten des Ökosystems als Modelle bzw. Vorbilder heran – so zum Beispiel das Ökosystem Wald oder die Körperzelle. Diese ursprünglichen Organisationsformen zeigen sich uns als höchst komplex, vernetzt und kompliziert. Und dennoch werden sie nicht pyramidial-hierarchisch geführt bzw. benötigen sie keinen „alleinigen Entscheider“, der  anführt und einsam verantwortet. Das Prinzip der Selbstregulation lebt von ihrem kooperativen Miteinander in wechselseitiger Bedingtheit, Potenziale ausschöpfend, Eigenverantwortung nutzend und der Gemeinschaft – „dem großen Ganzen“ – dienend.

Was soziale Einrichtungen in der heutigen Zeit dringend brauchen und ersehnen

So belebt mich zur Zeit die Vision, Teams in Kindertagesstätten oder auch anderen sozialen Einrichtungen noch mehr in ihrer Eigenverantwortung zu stärken. Sie weniger abhängig werden zu lassen von „einsamen Entscheidungen von oben“, stattdessen ihre Bezüge zu den Kindern, zu den Eltern einschließlich ihrer Kompetenzen und das Fachwissen mehr einzubinden und zu autonomisieren. Leitung, Trägerschaft oder Vorstände dienen den Teams als begleitende, sturkturgebende und sicherheitsspendende Begleiter – selbst entlastet, zugleich entlastend, delegierend, zulassend, zutrauend, vertrauend und wertschätzend. Damit – so die Erfahrung von Frédéric Laloux – werden auch deutlich weniger Meetings, Sitzungen, Gremienarbeit und Kontrollen notwendig. Folgerichtig stellen sich höhere Arbeitszufriedenheit, Entspanntheit, Identifikation und Sinnerfülltheit ein. Ist es nicht das, was  soziale Einrichtungen in der heutigen Zeit dringend brauchen und ersehnen?